Sonntag, 21. September 2008

Empanadas satt!

Hi ihr Lieben,

es wird mal wieder Zeit fuer einen neuen Blogeintrag. Mit meinem letzten Eintrag ist es jetzt schon wieder echt eine Weile hin. Ich muss auch zugeben, dass ich wirklich ein bisschen schreibfaul bin. Wenn ich mal wieder lange nicht schreibe, schaut am Besten mal im blog von Daniel nach. Der schreibt recht gerne und fleissig im Gegensatz zu mir. Und da wir eigentlich das Meiste zusammen machen, koennten die Eintraege auch ganz interessant fuer euch sein!

Zuallererst: Nein, ich habe meinen chilenischen Ausweis immernoch nicht. Mein Antrag wurde erneut abgelehnt, beruhend auf der Unfaehigkeit der chilenischen Beheorden. Es gaebe mal wieder ein Problem mit den Kopien. Mir wurde gesagt, ich muesse aufs Aussenministerium. Pusteblume! Letzten Freitag bin ich dann auf die Deutsche Botschaft hier in Santiago zusammen mit einem der Tíos, und zwar mit Rodrigo, der mich auch schon nach meiner Ankunft aufs registro civil etc. begleitet hat. Ich glaube er fuehlt sich auch ein wenig verantwortlich, dass es gerade bei mir nicht mit dem chilenischen Ausweis in die Gaenge kommt, wo doch er mir geholfen hat. Naja, die Botschaft war so wie man sie aus Filmen kennt. Ein Bunker mit separatem Eingang, Passkontrolle, Abgabe von Taschen und Handys. Im Gebaeude selbst musste man durch ein Telefon mit einer Frau hinter einer gesicherten Glasscheibe sprechen, die einem dann das Folgende sagt: Ja, ich muss Ihnen leider sagen, dass wir Ihnen da auch nicht wirklich weiterhelfen koennen. Die Chilenen machen halt, was sie wollen! Mit diesen Worten und dem Ratschlag nochmal zur Policia Internacional zu gehen, haben wir uns direkt auf den Weg zur gleichnamigen gemacht. Schlussendlich kamen wir dann, nachdem wir fast die ganzen Metrolinien durchgemacht hatten, um 14 Uhr im Projekt an und hatten zumindest etwas erreicht. Neue Dokumente, neue Stempel und neue Unterschriften. Das naechste Problem war aber schon im Anrollen. Ab Montag sollte das registro civil in den Streik gehen, was dann auch geschah. Das heisst, ich hatte bis jetzt noch keine Moeglichkeit erneut aufs registro civil zu gehen um die neuen Dokumente, mit einem neuen lesbaren Stempel meines Eintrittsdatums in Chile, nachzureichen. Ich bin zumindest in Wartestellung. Letztendlich werde ich dieses Jahr auch ohne meine Carnet hinbekommen, sollten sie das nicht endlich gebacken bekommen!

Ich bin jetzt schon seit ueber zwei Monaten hier und kann sagen, dass ich mich eigentlich so ziemlich eingelebt habe. Aber obwohl ich jetzt seit ca. einem Monat schon mit der Sprachschule fertig bin und den ganzen Tag arbeite, gab es fast noch keine "normale" Arbeitswoche. Es standen immer besondere Events auf dem Programm und so waren diese Wochen arbeitstechnisch recht flexibel gestaltet.

In der ersten/zweiten Septemberwoche (mein Erinnerungsvermoegen ist schon ein bisschen eingeschraenkt, einfach schon zu lange nicht mehr geschrieben) haben wir einen Dienstag tagsueber beim Aufbauen fuer eine Benefizveranstaltung geholfen an der wir dann abends auch selbst teilgenommen haben. Ein wirklich schoener Abend! (Berichte und Fotos dieser Woche auf Daniels blog in seinem vorletzten Eintrag).





Dann standen auch schon die Nationalfeiertage, an denen die Unabhaengigkeit Chiles gefeiert wird, vor der Tuer. Der eigentliche Feiertag ist der 18. September. Das hindert die Chilenen aber keineswegs daran, schon am Anfang des Monats Flaggen aus den Haeuesern und an die Autos zu haengen und 5 Tage am Stueck, beginnend am Vorabend des 18. September auf einer euphorischen Welle des Feierns zu schweben. Meiner Meinung tritt dabei die Historie dieses Datum eher in den Hintergrund und man nimmt dieses vielmehr als Grund um Party zu machen und dabei die Sorgen des Alltags zu vergessen. Aber das ist ja auch nicht gerade das Schlechteste. Auf keinen Fall aber kommt der Patriotismus an diesen Tagen zu kurz. Es wird echt das fuer Chile Typische aus den hintersten Schubladen ausgekramt und zelebriert. Sei es, ob man auf dem Land wohnt oder in der Hauptstadt Santiago, wo die meisten Leute eigentlich den Grossteil des Jahres nichts mit diesen Dingen am Hut haben. Gefeiert wird der 18. September meist in der Familie auf sogenannten, in dem Falle, privaten "Fondas" mit Asados, chilenischer Musik und reichlich Alkohol. Diese gibt es auch in grossem Stil fuer die Oeffentlichkeit und werden meist an den restlichen Tagen des verlaengerten Wochenendes besucht. Die Leute sitzen in Zelten, schleudern mit Geld um sich, das sie eigentlich gar nicht haben, um ihre Familien mit typischem chilenischem Essen zu versorgen, spielen typische chilenische Spiele und schaun sich Rodeos mit Pferden an u.v.m



Am 12. September wurde von Maria Ayuda ein grosses Asado fuer alle Mitarbeiter organisiert. Die verschiedenen Projekte wurden in unterschiedliche Mannschaften eingeteilt und es gab Spiele und anschliessende Sieger. Es wurde viel und gut gegessen und das alles bei einer froehlichen und ausgelassenen Stimmung um den 18. September schon einmal in Maria Ayuda zu feiern.

Am darauffolgenden Tag, ein Samstag, mussten wir auf einer Messe von Herba Life arbeiten. Manchmal gibt es auch Arbeit an den Wochenenden, wofuer man sich dann aber mal einen freien Tag unter der Woche nehmen kann. Jedenfalls war dieser Tag auch ganz lustig und arbeitstechnisch nicht gerade sehr fordernd. Herba Life ist eine US-amerikanische Firma, die als Hauptprodukt Nahrungsergaenzungsmittel (Pulver etc.) verkauft. Da dieses Unternehmen viel Geld und auch seine teures Produkt in Form von (Milch)Pulver an Acógeme spendet, kommen immer mal wieder Leute von Herba Life zu Besuch oder organisieren Events fuer die Kids. Im Grunde eigentlich eine ganz schoene Sache, aber oft meint man zu glauben, dass dabei die Kinder eher in den Hintergrund geraten oder mehr als Mittel zum Zweck fuer Werbegruende benutzt werden. Spaetestens wenn das vorbereitete "Once-Essen" ploetzlich zurueckgeschuettet wird und durch die Herba Life Milch ersetzt werden muss, weil sich Herba Life spontan fuer einen Besuch angekuendigt hat um die Kinder zu sehen und eine ausladende Fotosession zu starten, wird einem die Abhaengigkeit zu solchen Unternehmen klar...

Die Woche ab dem 15. Sept. stand dann schliesslich ganz unter dem Stern der Nationalfeiertage. An diesem Punkt will ich jetzt aber nicht mehr all zu viel schreiben. Das Programm und die Erlebnisse dieser Woche, hat Daniel auch schon in seinem letzten Blogeintrag kommentiert. Deswegen verweise ich an dieser Stelle wieder auf seinen blog.

Ich kann nur sagen, dass wir auf jeden Fall ein paar schoene Tage verbracht haben, sowohl mit Freunden, der Familie, aber auch mit den Arbeitskollegen und den Kindern unseres Projekts, die wir am 16. Sept. zu einer kleinen Fonda in Acógeme eingeladen hatten um den 18. Sept. zu feiern. Wir haben viel gespielt, Taenze aufgefuehrt, Empanadas gegessen und einen tollen Tag mit lachenden und froehlichen Kinderchen verbracht.



Am Meisten Spass hatten wir glaub ich am 17. September, den wir (groesstenteils Arbeitskollegen) in Pirque im Sueden von Santiago verbrachten, wo wir auf der Farm von Rodrigos Eltern ein ausladendes Asado mit einem anschliessenden Fondabesuch veranstaltet haben...



Was ich an diesen Tagen entdeckt habe, ist, das es gar nicht so einfach ist, Fragen zu typischen deutschen Gerichten, Taenzen etc. zu beantworten. Am Laufenden Band wurde ich gefragt, was es denn mit dem deutschen Patriotismus auf sich habe und ob es bei uns auch solche Nationalfeiertage gaebe. Und wenn ich damit geantwortet habe, dass die einzige Moeglichkeit Flagge zu zeigen eigentlich nur bei Welt- und Europameisterschaft sowie bei Staatsempfaengen bestehe, weil dies immernoch aufgrund der Geschehnisse in der Vergangenheit einen komischen Beigeschmack hat, wurde ich erstaunt angeschaut. Ich muss aber auch sagen, dass der ganze Trubel, diese Euphorie und die Vorfreude, die um diese Festtage gemacht werden, letztendlich nicht ganz zu mir durchgedrungen sind bzw. nachvollziebar waren. Trotz allem war es aber eine schoene und entspannende "Woche".

Vorletzte Woche waren Daniel und ich, zumindest war es fuer mich das erste Mal, auf einem Hausbesuch dabei. Das Ziel war eine Familie/Mutter, deren Kinder ehemalige Acógeme-Schuetzlinge sind und nun im aermsten und gefaehrlichsten Stadtteil Santiagos leben, in der Población San Guillermo im aeussersten Sueden Santiagos. Beim Betreten der Wohnung, wenn man das Wohnung nennen konnte, stieg einem erstmal ein schlechter Geruch in die Nase. Drei Zimmer fuer 2 Erwachsene und 4 Kinder, in vielen Faellen ist es noch schlimmer. Als dann die Mutter aber den Tíos erzaehlt hat, das der eine Sohn nicht zur Schule will und ihr Aeltester (15) in Bandenkonflikte verwickelt sei etc., und dabei anfing zu weinen, wurde einem schon ganz anders. Die Familien in diesen Gegenden leben schon in schrecklichen Verhaeltnissen, empfangen einen aber doch groesstenteils freundlich und bieten dir an was sie haben, auch wenn das meist nicht viel ist. Erstaunenswert finde ich auch die Arbeit der Tíos, die den Kontakt zu den Ehemaligen nicht abbrechen um nicht den Kontakt zu verlieren und nicht nur Hausbesuche bei den Kindern, die zur Zeit im Projekt sind, machen. Alles andere als eine leichte Arbeit!

Ein Tag spaeter, und zwar letzten Freitag, den 26.9, ist dann auch Daniels Freundin Merle angekommen. Wir hatten ein schoenes Wochenende mit einem Spontanbesuch bei Nicos Familie am Samstagabend, nachdem wir einen Kuchen fuer Nellys Geburtstag bei mir gebacken hatten. Sie waren, wie war es auch anders zu erwarten, mal wieder nach einem Asado am Nachmittag gemuetlich am Rum trinken. Wir hatten also den perfekten Zeitpunkt erwischt um Merle Nicos Familie so vorzustellen wie wir sie kennen. Naemlich mit den Onkeln und Freunden am ausgelassen Party machen. Danach sind wir dann zu Daniel auf Nellys Geburtstag, zusammen mit Benjamin und Lenka, zwei anderen deutschen Freiwilligen, die auch hier in Santiago arbeiten und die wir vor kurzem kennengelernt hatten. Bei Kuchen, Essen, Rum und Pisco haben wir dann den Abend ausklingen lassen...

Letztes Wochenende war ich auch gleich zweimal kicken. Am Vorabend war ich mit Arbeitskollegen von Maria Ayuda nach der Arbeit Fussball spielen. Und am Sonntagabend/nacht warn dann Daniel, Benjamin und ich mit Freunden von Nico kicken. Bevor ich aber das naechstemal spiele, muss ich mir ganz dringend Fussballschuhe zulegen. Hat aber echt Bock gemacht und daher will ich das auch weiterhin fortsetzen um gegen die Folgen des pausenlosen Essens anzukaempfen.

(Fussball)Schuhe kaufen wollten wir eigentlich letzten Sonntag auf dem "Persa". Der Persa ist sozusagen ein legaler Schwarzmarkt. Genau das hab ich auch als erstes gedacht: Legaler Schwarzmarkt!? Hoert sich doch schon ein bisschen widerspruechlich an. In Santiago scheints so etwas aber doch zu geben. Von gebrauchten Batterien ueber leere, schmutzige Flaschen bis hin zu Laptops kann man dort alles kaufen. Ob geklaut, gefaelscht oder vielleicht doch original weiss man nicht. Nachdem wir aber herausgefunden haben, dass die Preise fuer Schuhe sich nicht erheblich von denen aus der Mall unterschieden und dazu wahrscheinlich noch Faelschungen sind, haben wir schliesslich keine gekauft. Ein schoener Spaziergang durch ein Sammelsurium von nuetzlichen und unnuetzen Dingen war es trotzdem.

Zweimal im Kino war ich auch schon. Die Cinemalls sind schoen gross, ausserdem kommen hier viele Hollywoodproduktionen oft schon einen Monat frueher raus als in Europa. Vor zwei Wochen am Wochenende warn wir (Daniel und ich) und ein paar Freunde in einem Film von Stephen King. In Spanisch "La Niebla", in Englisch "The Mist", in Deutsch "Der Mist". Nee Scherz! Auf Deutsch natuerlich "Der Nebel"; Mist war der Film aber trotzdem. Gestern warn wir dann in "The Oxford Murders" mit Elijah Wood. Cooler Film! Is auch ganz cool, dass sie die Filme hier in den Kinos meist nicht synchronisieren und daher in Englisch, also der Originalsprache, zeigen und nur Spanisch untertiteln. Muss man sich zwar erstmal dran gewoehnen, aber geht schon.
Ausser das die letzten vier Wochen seit meinem letzten Eintrag arbeitstechnisch eben recht flexibel gestaltet waren, gibt es nicht so viel zur Arbeit zu sagen. Sie macht mir nach wie vor einen Riesenspass und ich arbeite immernoch mit der Gruppe B1 mit Marcial, dem Clown. Daniel und ich nehmen jetzt auch regelmaessig an den "Reunionen" (Versammlungen, Besprechungen) am Montagmorgen teil, an denen immer die Gruppen, die Situation der Kinder und alle moeglichen sonstigen organisatorischen Sachen besprochen werden. Gerade laeuft auch unsere Idee an, jeweils am Dienstag und am Donnerstag Englischunterricht, Computerkurse und/oder Laenderkunde zu geben. Bisher hat sich aber noch nicht so viel getan, weil zur Zeit die Zukunft der Gruppe C, der Aeltesten, noch nicht ganz sicher ist und wir mittlerweile auch eine Horde an chilenischen Freiwilligen und Praktikanten,-innen haben, die vor allem gerade Dienstags und Donnerstags kommen.
Das Wetter kann ich mal noch kurz erwaehnen. Waehrend ich hier im schoensten Fruehling bin und tagsueber endlich im T-Shirt rumlaufen kann, wirds bei euch schon bitter ungemuetlich, so wie ich gehoert habe. Alles laeuft gerade umgekehrt. Wo in Deutschland Winter- und Weihnachtszeit untrennbar miteinander verbunden sind, werde ich hier auch Weihnachten mitten im Hochsommer verbringen. Da bin ich ja mal gespannt, an die Vorstellung muss man sich auch erstmal gewoehnen!

Und noch zum Schluss: Der fuer dieses Jahr bisher letzte und dritte Freiwillige aus Deutschland zusammen mit Daniel und mir ist nun auch angekommen. Am Freitag hatten wir ein kleines offizielles Kennenlerntreffen, weil Benedikt (nein, nicht unser Papst, sondern so heisst der neue Freiwillige) in einem anderen Projekt von Maria Ayuda arbeitet.

So, ich glaube das wars dann auch schon mal wieder. Ich hoffe, vorerst genug Informationen geliefert zu haben um das kleine Defizit der Zeit zwischen diesem und dem letzten Eintrag ausgeglichen zu haben. Ich geh jetzt auf den Cerro San Cristobal (siehe Fotogalerie). Bis bald! Bruce
P.S.: Bezug zur Ueberschrift: Empanadas sind die chilenische Spezialiaet ueberhaupt. Teigtaschen gefuellt z.B. mit Kaese, Fleisch, Ei, Olive etc. Echt lecker und vor allem an den Nationalfeiertagen gibt es Empanadas zur Genuege!