Sonntag, 31. August 2008

Die Arbeit in Acógeme

Hi alle zusammen,

es ist schon wieder einige Zeit vergangen seit dem letzten Eintrag. Hier ist es schon ein wenig spaet und ich bin auch wieder mal ziemlich muede und koennte mich deswegen auch gut und gerne ne Runde aufs Ohr hauen (einige von euch wissen ja, dass ich auf recht gutem Fuss mit meinem Bett stehe); aber ich will euch diesen letzten Eintrag im August nicht verwaehren und so hab ich mich jetzt mit Susys Laptop auf die Terasse gesetzt um ein bisschen auf der Tastatur zu tippen. Es ist zwar schon dunkel, aber heute war ein herrlicher Sonnentag und nun saug ich an diesem "lauen" Winterabend noch ein bisschen Restwaerme auf. Man merkt, dass der Fruehling naht. Ein Glueck wuerde ich sagen!
Heute will ich euch, wie schon einigen versprochen, einen kleinen Einblick in mein Projekt und die Arbeit, die ich das kommende Jahr ueber dort verrichten werde, gewaehren. In den letzten zwei Wochen hat sich hinsichtlich dieses Themas einiges getan, was ich euch natuerlich nicht vorenthalten will.
Aber zuerst moechte ich euch ein wenig von meinem Wochenende berichten, damit ihr auch ne Vorstellung habt, was ich denn hier so in meiner Freizeit treibe. Das letzte Wochenende war ganz amuesant. Da Daniel aber schon in seinem letzten Blogeintrag ganz anschaulich davon berichtet, verweise ich an dieser Stelle auf seinen blog. Ich dagegen will euch gerne zwei kurze Anekdoten schildern, die auch ein bisschen die chilenische Mentalitaet verdeutlichen sollen.

Ich beginne mal mit meinem chilenischen Ausweis. Am Donnerstagabend kam ich in aller Seelenruhe zu Hause von der Arbeit an, da teilte mir Susy doch mit, dass mal wieder das "registro civil" angerufen hatte und wuenscht, dass ich am folgenden Tag in aller Fruehe erscheine, da mal wieder mein Antrag auf einen Ausweis abgelehnt wurde, weil wieder irgendein Problem vorzuliegen scheint. Ich war natuerlich nicht gerade begeistert, weil es dann schon meinen dritten Besuch bedeutete.
Beim zweiten mal wurde mir ein Tag vor dem Abholtermin angerufen, dass ich meinen Ausweis nicht abholen koennte, da die Daten verloren gegangen seien bzw irgendetwas gefehlt haette und ich die Prozedur von Neuem durchlaufen muesste. Kein wirklicher Spass, denn das bedeutet Foto schiessen, Fingerabdruecke von allen zehn Fingern nehmen lassen, Unterschrift geben, Daten diktieren und einfach endlos viel Zeit verplaemppern.
Naja, ich ging am Freitagmorgen mit allen moeglichen Dokumenten und gespannt, was denn nun schon wieder sei, zum "registro civil". Dort angekommen, musste ich erfahren, dass ich einige Dokumente (Reisepass, Bescheinigung von der Policia Internacional und Visa) haette kopieren sollen. Naja, puhh dachte ich, kein Ding, dann kopieren die die Sachen halt mal schnell und ich geh wieder, da ich auf dem PC der Sacharbeiterin auch noch meine ganzen Daten gespeichert sehen konnte. Pustekuchen! Die Daten wurden vor meinen Augen geloescht, mussten also neu aufgenommen werden, und die Kopien musste ich, auch wenn ein kopierfaehiges Geraet vorhanden war, selbst in der Mall ueber mir anfertigen. Angenervt und schon zum dritten mal mit schwarzen Fingern durfte ich dann schliesslich mit einem neuen Abholtermin Mitte September gehn (Daniel besitzt seinen Ausweis schon seit Anfang August und ist eineinhalb Wochen vor mir angekommen, der lacht sich natuerlich schon die ganze Zeit krumm)!
Aus diesem Erlebnis schliesse ich jetzt einfach mal, dass die chilenische Buerokratie noch schlimmer als die Deutsche zu sein scheint. Wenn man in einem Amt Passfotos schiessen, aber keine Kopien machen kann, stimmt doch etwas nicht. Da fehlt es offensichtlich an Effizienz und die Beamten dort machen sich alle wichtig, aber natuerlich konnte mir keiner schon frueher sagen, dass sie Kopien von einigen Dokumenten brauchen!...

Die zweite Geschichte, die ich gestern erleben durfte, beschreibt, wie soll es auch anders sein, die chilenische Puenktlichkeit. Samstagnachmittag waren Daniel und ich bei Mimi, deren Sohn Joaquin Geburtstag feierte. Die Stimmung war gut, Daniel und ich hatten Spass und wir haben uns, wie eigentlich immer in dieser Familie, sehr wohl gefuehlt. Leider waren wir zeitlich sehr eingeschraenkt, da wir uns um 19 Uhr mit einigen Arbeitskollegen in der Arbeit treffen wollten um zusammen ein "Gala-Dinner" in einer Schule mit Tanzauffuehrung von einigen Kindern aus unserem Projekt anzuschauen. Rennend hetzten wir uns in der Metro ab um ja nicht zu spaet zum vereinten Treffpunkt zu kommen, typisch deutsch eben. Zu unserer Erstaunung war dort niemand in Eile. Zigaretten wurden angesteckt, es wurde geplaudert! Daniel und ich wurden schon ein wenig nervoes, zumal noch einige Leute fehlten und wir waren auch ein bisschen entsetzt von der Dreistigkeit der Chilenen, da wir auf unseren Eintrittskarten entdeckt hatten, dass die Auffuehrung schon um 19 Uhr haette beginnen sollen. Die Betonung liegt auf "haette sollen", denn als wir kurz vor 20 Uhr endlich an der Schule ankamen, war weit und breit niemand zu sehen, nur einige Menschlein, die gerade angefangen hatten die Halle zu dekorieren. Aber davon liess sich keiner aus der Ruhe bringen. Wir holten an der naechsten Ecke ne Flasche Rum, Cola und Knabberzeugs um anschliessend ins Projekt zurueckzugehen und uns die Zeit zu vertreiben. Wir waren erstaunt, dass die Verspaetung ueberhaupt kein Thema war, geschweige sich jemand aufgeregt haette. Nur Daniel und ich waren angenervt so frueh von Mimis Party gegangen zu sein, 5 Minuten bevor das Essen und eine huebsch angemachte Bowle serviert wurden. Zudem hatten wir eigentlich geplant nach der Auffuehrung, so gegen 21 Uhr, zu entspannen und Filme zu schauen. Naja, um das Ganze abzukuerzen. Letztendlich hat die Gala, an der wir nich teilgenommen haben, dann mit 3 Stunden Verspaetung um 22 Uhr angefangen! Sehr gut...
An diese Unproduktivitaet, zumindest in der Freizeit, muss man sich auch erstmal gewoehnen. Mehrere Sachen an einem Tag zu planen ist hier hoffnungslos! Eigentlich schon das Planen an sich.

Ganz entspannend war dagegen das "Asado" (Spanischer Begriff fuer eine Art Grillfest/Barbecue), dass wir am Vorabend bei Vero, einer der Sozialassistentinnen, veranstaltet haben. Der Anlass war weniger erfreulich. Es musste schon wieder Abschied gefeiert werden. Eine langjaehrige Mitarbeiterin musste, mangels finanziellen Mitteln, das Projekt verlassen. Trotz der ein wenig traurigen Stimmung, war es recht interessant den spontan improvisierten Reden, fuer die die Chilenen ein Haendchen zu haben scheinen, zu lauschen. Desweiteren wurde doch viel gelacht, gegessen und getrunken...

Aber bevor ich nun in meinen Ausschweifungen, das Wochenende zu beschreiben, versinke, moechte ich euch nun endlich ueber das berichten, weswegen ich hauptsaechlich hier bin, meine Arbeit:

Letzte Woche hatten Daniel und ich ein recht aufschlussreiches Gespraech mit unserer Chefin Nelly. Wir haben einiges darueber erfahren, wie unsere Arbeit die kommende Zeit ueber aussehen wird. Zudem haben wir ein paar Ideen vorgestellt, was wir mit den Kindern machen wollen, sollen oder koennen. Von Kursen bis Ganztagesaktivitaten ist alles dabei. Es sind vorerst aber Vorschlaege, die Daniel morgen in der montaeglichen Gespraechsrunde (ich bin leider nicht da, da ich am Morgen noch Sprachschule habe), dem Team vorstellen wird. Danach wird geschaut, was davon realisierbar ist und was man wie in den Tagesablauf integrieren kann. Denn die Einrichtung folgt einer bestimmten Tagesroutine, die je nachdem auch mal variieren kann und die ich euch mal kurz erlaeutern werde.
Zuerst einmal ist "Acógeme" eine Einrichtung um Kindern aus dem Viertel "La Granja" eine Aufenthaltsmoeglichkeit nach der Schule bis zum Abend zu bieten, damit sie die Zeit nicht auf der Strasse verbringen oder verbringen muessen. Schule ist Pflicht um Zugang zum Projekt zu erhalten. Die Zahl der zu betreuenden Kinder ist an die Kapazitaet der zur Verfuegung stehenden Arbeiter und der Raeumlichkeiten gekoppelt und auf eine Gesamtzahl von 40 Kindern begrenzt. Die Warteliste ist endlos. Und soweit ich mitbekommen habe, werden die Kinder nach einigen Jahren verabschiedet um auch anderen Kindern eine Moeglichkeit zu bieten. Anfang des Jahres wurde von der Dachorganisation Maria Ayuda eine Anzahl von 60 zu betreuenden Kindern festgelegt. Die Verhaeltnisse waren aber nicht zu tragen und die Anzahl deshalb von "Acógeme" wieder auf 40 herabgesetzt.



Aber nun zum Alltag:
Bei den Kindern steht, wenn sie aus der Schule kommen, ersteinmal Hygiene auf dem Plan. Das heisst Zaehneputzen und auch fuer den ein oder anderen duschen, weil fuer die meisten ausserhalb des Projektes dazu keine Moeglichkeit besteht. Danach bekommen die Kinder Hilfe beim Erledigen ihrer Schulaufgaben. Die Betreuer sprechen sich auch mit den Lehrern aus der Schule ab, damit jedes Kind die bestmoegliche Unterstuetzung bei seinen Aufgaben bekommen kann. Danach wird "once" gegessen, was hier in Chile so viel wie Kaffeezeit bedeutet. Die Kinder bekommen einen kleinen Imbiss und was zum Trinken, meist ein saettigendes Pulvergemisch. Dann wird gespielt und anschliessend stehen die "talleres" an. Jeden Monat gibt es ein bestimmtes Modul, das behandelt wird. Vor zwei Monaten war das Thema dieses Moduls Familie, letzten Monat die Rechte der Kinder und diesen Monat "auto-cuidado" (Selbstschutz). Die Themen dieser Module werden mit den Kindern in den "talleres" durchgegangen und behandelt. Es werden beispielsweise Poster gebastelt, Prospekte angefertigt oder auch Nachrichtensendungen nachgestellt! Eine tolle Idee, wie ich finde, die Kinder auch ausserschulisch weiterzubilden. Zum Abschluss, bevor die Kinder abgeholt werden, findet man sich in der hauseigenen "Kapelle" (ein Zimmer, siehe Fotos Projekt) ein um zu beten und zu singen. Es besteht fuer die Kinder auch die Moeglichkeit in der Gruppe Gott fuer etwas zu danken oder ihn um etwas zu bitten. Freitags ist Tag der "recreación" (Erholung) und es gibt daher keine Aufgaben. Es wird einfach nur gespielt und alle zwei Wochen besteht fuer alle die Moeglichkeit in die Uni zu gehn und z.B. Computerkurse wahrzunehmen.
Auf den ersten Blick herrscht im Haus ein ziemliches Chaos mit den ganzen herumrennenden Kindern. Aber eben nur auf den ersten Blick. Denn die 40 Kinder sind in 4 (Alters)Gruppen aufgeteilt und haben auch verschiedene Aufenthaltszeiten. Gruppe A mit den Kleinen(3-6 Jahre), die von Tia Pame betreut wird und jeden Tag von 14 Uhr bis 18 Uhr 30 kommt, 2 Gruppen B (6-11 Jahre) die von Tio Marcial und Tio Rodrigo betreut werden und 4 Tage die Woche kommen und die Gruppe C (12-15 Jahre) die nur zweimal die Woche kommt. Jede Gruppe wird von einem Betreuer und einer Sozialassitentin betreut. Die Verteilung hat einen ganzen bestimmten Sinn. Man geht davon aus, dass bei den Kleinsten noch am meisten Hoffung besteht, um sie vor der familiaeren Gleichgueltigkeit und der Strasse zu schuetzen. Deshalb werden sie auch durchgehend betreut und es gibt auch Psychologen und Sozialassistentinnen, die nicht nur mit den Kindern arbeiten, sondern auch den Kontakt zu deren Eltern pflegen.
Daniel und ich mussten uns nun auch entscheiden, mit welcher Gruppe wir uns denn gut vorstellen koennten zu arbeiten. Daniel wird zunaechst einmal Tia Pame bei den Kleinsten unterstuetzen, wahrend ich mich dafuer entschieden habe mit Tio Marcial, dem Scherzkeks der Gruppe, zu arbeiten, sprich 4-mal die Woche mit Gruppe B und einmal mit Gruppe C. Das heisst ich werde die Gruppen zusammen mit Marcial durch den Tag, wie ich ihn vorher beschrieben habe, begleiten und zusaetzlich werden Daniel und ich eigene Projekte (muss aber erst noch abgeklaert werden was) mit den Kindern durchfuehren (z.B. Gitarrenkurs, regelmaessig Fussball und Volleyball, Computerkurse, Maerchenstunde, Tischfussball reparieren etc.). Ueber die Schulferien beispielsweise sind die Kinder den ganzen Tag ueber im Projekt, dass heisst die Betreuer haben einen Vollzeitjob zu erledigen und muessen sich Ganztagesaktivitaeten ueberlegen. Auch hier werden Daniel und ich die Moeglichkeiten haben eigene Ideen mit einfliessen zu lassen. Doch vorerst erledigen Daniel und ich auch einfache Dinge, die gerade anfallen, helfen z.B. in der Kueche, kaufen Broetchen fuer "once" oder fegen. Fuer Daniel geht es morgen los. Ich habe noch eine Woche Sprachschule und werde dann auch meinen Arbeitstag um 11 Uhr beginnen und gegen 20 Uhr beenden.
Die Arbeit mit Gruppe C, den Aelteren, ist schon wirklich anstrengend, vor allem jetzt, da einfach noch die Sprache fehlt. Der Grossteil der Jugendlichen hat halt eine Nullbockeinstellung und selbst fuer den Betreuer ist es oft schwer eine Autoritaet darzustellen, die von den Kids akzeptiert wird.
Trotzdem kann ich mir gerade wirklich vorstellen, hier fuer das naechste Jahr gleucklich zu arbeiten. Denn nicht nur das Team und die Arbeitsatmosphaere sind super, auch die Arbeit, vor allem mit den Kleineren, macht einen Riesenspass. Die Kleinen sind einfach wirklich alle goldig. Nehmen dich beim Spazierengehen an die Hand, rufen die ganze Zeit Tio, auch wenn die Meisten noch Probleme haben deinen Namen auszusprechen, und die ganze Zeit zupft und ziehts an deinen Aermeln.
Aber auch wenn es den meisten Kindern nicht schwer zu fallen scheint, einem neuen Tio Vertrauen zu schenken, muss man die ganze Zeit im Hinterkopf behalten aus welchen Verhaeltnissen und Hintergruenden der Grossteil der Kinder stammt. Die "Población San Gregorio" ist wirklich eines der aermsten und gefaehrlichsten Viertel Santiagos. Gewalt und Kriminalitaet stehen auf der Tagesordnung. Die Familien hausen nur in Wellblechbarracken und viele Familienmitglieder teilen sich nur ein einziges Zimmer. Einige der Eltern der Kinder im Projekt sind kriminell, Drogenabhaengige und/oder es gibt auch Faelle von Prostitution. Oft gibt es keine Moeglichkeit sich zu duschen, und ob die Kinder zu Hause Essen erhalten, ist auch fraglich. Deswegen wird darauf geachtet, dass sie in der Schule und im Projekt immer gut essen. Diese Fakten berichte ich jetzt nur vom Hoeren-Sagen, aber diese Tatsachen entsprechen der Realitaet. Noch frueh genug werde ich diese Faelle mit eigenen Augen mitbekommen, wenn die Sprache sitzt und wenn Daniel und ich dann die Tios auch morgens bei ihren Hausbesuchen in der "Población" begleiten! Die Schicksale der einzelnen Kinder mitzubekommen und anschliessend zu verarbeiten, wird sicher nicht immer ganz leicht werden, sind aber auch Teil unserer Arbeit in diesem Jahr. Dieses Hintergrundes wegen ist man umso hoffnungsvoller, wenn ein Kind noch, wie es in diesem Alter eigentlich sein sollte, schnell Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen kann.
Daher ist es schoen zu sehen, dass es hier Leute gibt, denen die Schicksale anderer Menschen nicht gleichgueltig sind und ihre Arbeit mit den Kindern ueber alles lieben und sie gegen nichts anderes eintauschen wuerden wollen, wie man schon damals bei dem Abschied einiger Kinder aus dem Projekt gemerkt hat. Hier wird wirklich was fuer die Kinderchen getan, indem ihnen eine zweite Familie, fehlende Liebe und Aufmerksamkeit gegeben werden, aber auch materielle Unterstuetzung zukommt um sie vor der Verwahrlosung zu retten. Am Besten zu sehen ist das daran, wenn ehemalige Kinder fast regelmaessig vorbeikommen um das Projekt zu besuchen.
Das hoert sich jetzt alles sehr tragisch und schlimm an, aber entspricht schon der Realitaet. Man muss ihr in die Augen schauen, dabei aber nicht vergessen, dass man den Kindern nur dann hilft, wenn man ihnen jeden Tag von Neuem mit Energie und und guter Laune entgegentritt. Denn "Acógeme" soll ein froehlicher Ort sein, an dem die Kinder Kind sein koennen!


Ich hoffe, ich konnte euch einen einigermassen anschaulichen, interessanten und annaehernd vollstaendigen Einblick in mein Projekt und meine Arbeit geben! Wenn ihr Fragen habt, dann schreibt. Die kann ich dann vielleicht in meinem naechsten Blogeintrag verarbeiten. Desweiteren werde ich die Tage ein paar neue Bilder, vor allem auch von meiner Arbeit, hochladen. Also werft mal einen Blick in die Galerie!

Bis zum naechsten Mal und viele liebe Gruesse!

Montag, 18. August 2008

Algarrobo Norte

Hi Leute,

ich bin wieder "einigermassen" fit und munter nach Santiago zurueckgekehrt. Bevor ich euch aber davon berichte, wo und wie ich mein verlaengertes Wochenende verbracht habe, muss ich euch von einer kleinen Entdeckung erzaehlen! Mitten im Zentrum von Santiago bin ich auf eine kleine Oase gestossen. Ein Fleckchen vom Paradies im sonst so trist anmutenden Betonchaos der Grossstadt:
Ein kleiner Berg, namens Santa Lucía, auf dem man einen wunderschoenen Ausblick ueber die schier nicht endenwollende Stadt und die Anden dahinter hat. Letztes Wochenende waren wir gleich zweimal auf dem "Cerro" um die Aussicht zu geniessen und Fotos zu schiessen. Einige habe ich schon in meiner Fotogalerie hochgeladen, deren Link sich neuerdings auf der rechten Menueleiste befindet. Der Cerro Santa Lucía ist jedenfalls ein schoener Ort und gut besucht von Päarchen und Studenten; vor allem Kunststundenten tummeln sich auf dem Berg, der zu Fuss durch Treppen und Wege zu besteigen ist...(siehe Fotogalerie)



Doch nun will ich euch von meinem Wochenende erzaehlen!
Zuerst einmal will ich von einem Gefuehl berichten, dass mich zum Ende des Kurzurlaubs hin sprichwoertlich ueberrascht hat. Ich denke jeder von euch kennt das; wenn man einen Urlaub verbringt mit Freunden, mit der Familie oder vielleicht auch alleine, man den ganzen Aufenthalt wirklich als erholsam empfindet, man sich am Schluss dann aber doch allmaehlich wieder darauf freut, in sein vertrautes Heim zurueckzukehren, so schoen der Urlaub auch gewesen sein mag. Genau mit diesem Gefuehl hab ich mich an diesem Wochenende auch ertappt. Mit dem Unterschied, dass mein vertrautes Heim in Gedanken Santiago war. Eigentlich sehr seltsam, wenn man daran denkt, dass ich noch nicht einmal drei Wochen hier bin. Was ich damit sagen will, ist, dass es sehr verwunderlich ist, wie schnell ich mich hier in Santiago "heimisch" fuehle und eingelebt habe. Natuerlich hab ich hier noch keine Wurzeln geschlagen, vielleicht werd ich das auch das ganze Jahr ueber nicht. Aber mit dem Gedanken an mein Zimmer/Haus in Santiago hat mich ein Gefuehl der Geborgenheit, auch schon der Routine gepackt: am Morgen wieder aufstehn zu muessen, in die Sprachschule zu gehen und danach ins Projekt um zu arbeiten...
Aber nun zu meinem Wochenende. Der eigentliche Anlass war der Geburtstag von Nellys (unsere Chefin) Schwiegervater, der 85 Jahre alt wurde und zu dem die ganze Sippe, von denen viele auch direkt in Algarrobo wohnen, eingeladen worden war. Die Familienfete sollte aber erst am Samstag steigen, deshalb hatten wir die Tage vorher ab Mittwochabend Zeit uns ein bisschen die Umgebung und den Strand anzusehen, wobei ich mir von einer kleinen Erkaeltung nicht den Spass verderben lassen wollte.
Am Donnerstag waren wir z.B. auf der Isla Negra, das Haus des grossen Nationaldichters und Nobelpreistraegers Pablo Neruda besichtigen. Fuer mich einer der schoensten Momente. Schon auf der Hinfahrt, die nur 20 Minuten dauerte, war ich voll angespannter Vorfreude! Ich fragte mich, ob das Haus wohl so aussehen wuerde, wie ich es mir bei der Lektuere in der Schule vorgestellt hatte. Denn dort hatten wir ein Buch ueber Neruda gelesen, dessen Schauplatz sich auf eben dieser Insel, im dazugehoerigen Fischerdorf und in diesem Haus befindet. Am Meisten beeindruckt war ich von der Architektur des Hauses, die einem Schiff aehnelte, wobei hauptsaechlich Naturmaterialien zum Bau verwendet wurden. Fasziniert hat mich aber auch das Schlafzimmer Nerudas, aus dem er einen ueberwaeltigenden Blick auf den darunterliegenden Strand und den sich anschliessenden Pazifik, aus dem der Dichter seine ganze Kreativitaet schoepfte, hatte. Auch wenn nicht viele Touristen da waren, war ich doch ein bisschen davon enttaeuscht, dass das Gelaende zu einer Attraktion fuer solche verkommen war. Nerudas Sammelleidenschaft und die Folge davon, dass das Haus von Innen wie ein einziges Museum aussah, trug ebenfalls nicht gerade zu einem originalgetreuen Flair bei. Trotzdem war es faszinierend und schon ein komisches Gefuehl, etwas mit eigenen Augen zu sehen, von dem man vorher nur Beschreibungen in einem Buch gelesen hatte; noch dazu sich das Objekt ca. 12000 km von dem Ort entfernt befindet, an dem man darueber gelesen hatte. Meine ehemaligen Spanisch-Klassenkameraden verstehen vielleicht eher was ich meine... (siehe unten: "la campana")



Ansonsten haben wir die Tage ueber eigentlich nur viel geschlafen und gegessen. Vor dem Mittagessen ist fast nie jemand aufgestanden. Am Freitag konnten wir wegen anhaltendem Regen das Haus kaum verlassen, welches nebenbei gesagt, wirklich genial war. Wir hatten unsere eigenen Zimmer und hinter dem Haus gab es einen Jacuzzy, den ich aber wegen meiner Erkaeltung leider nich benutzt habe.
Am Samstag haben Daniel und ich vor der Feier einen kleinen Ausflug an den Strand unternommen. Am Besten schaut ihr euch dazu mal die Bilder in der Galerie an, sobald ich sie reingestellt habe.
Am Abend war ich dann doch sehr gespannt, wie so ein Familientreffen wohl in Chile ablaeuft. Doch zuerst sassen Daniel und ich verlassen in unserem Haus und niemand holte uns ab um auf die Feier zu gehen, die gerade 100m nebenan stattfand. Tania, Ernesto und Simón waren schon vorgegangen und hatten uns anscheinend vergessen und Nelly und ihr Mann hatten wie immer Verspaetung und waren ueber das Handy nicht zu erreichen. Also machten wir uns ersteinmal ne Rum-Cola und lehnten uns entspannt zurueck. Gegen 22 Uhr gings dann doch endlich los. Um die "improvisierte Rede" des Geburtstagskindes, vor der wir schon vorgewarnt wurden, und ein Staendchen auf deutsch kamen wir dann letztendlich doch nicht herum. Die Party endete mit Gitarrenklaengen, viel Essen und reichlich Alkohol (wie von den Chilenen nicht anders zu erwarten war) lange nachdem Daniel und ich uns schon hingelegt hatten.
Schwuppdiwupps war auch schon Sonntagnachmittag und die Tage der Erholung und Voellerei schon wieder vorbei, schade eigentlich...

Bis zum naechtsen Mal! Muchos saludos y abrazos...

Bruce

Freitag, 8. August 2008

Die erste Woche ist geschafft!

Hi alle zusammen,

is jetzt schon wieder ne ganze Woche her, da ich geschrieben hab. Wie ich den vielen Kommentaren entnehmen konnte, scheint ihr meinen ersten Eintrag ja mit regem Interesse gelesen zu haben. Naja, es is jedenfalls wieder einiges passiert. Bin fit, gut gelaunt und ziemlich motiviert. Man sagte mir, dass diese erste euphorische Phase, wie die Erfahrung zeigt, bei den Meisten zwischen dem ersten und dritten Monat endet. Dann faellt der Grossteil erstmal in ein Loch, weil man realisiert wie viel Zeit man hier eigentlich wirklich noch hinter sich bringen muss. Naja, wir werden sehen. Bis jetzt is noch alles im gruenen Bereich und alles noch sehr aufregend. Hab gerade auch noch so ne Art Urlaubsfeeling, auch wenn man sich hier ziemlich schnell eingewoehnt.

Bin abends als ziemlich erledigt. Morgens um 9 Uhr flitz ich aus dem Haus um zur Sprachschule zu gehen (was ja relativ spaet is) und danach geh ich als mit Daniel zur Arbeit. Aber bis jetzt war ich eigentlich noch keinen Tag vor 20 Uhr zu Hause. Wenn die Sprachschule rum is, fangen wir aber wahrscheinlich auch erst um die Mittagszeit an zu arbeiten, weil die ganzen Kinderchen erst nachmittags nach der Schule eintrudeln. Aber im Moment ist die Sprachschule ne wirklich coole Erfahrung. Man lernt viele neue interessante Leute kennen, die aus der ganzen Welt kommen um hier in Santiago die verschiedensten Sachen zu machen und die Sprache zu lernen. Mit meinem Spanisch gehts langsam, aber sicher, auch voran. Man gewoehnt sich allmaehlich an die Geschwindigkeit und lernt mit der Zeit die ganzen chilenischen Modismen kennen. Wird aber trotzdem noch ein hartes Stueck Arbeit werden.

Dienstag und Mittwoch hatten wir eine Einfuehrung von Maria Ayuda, die Organsiation fuer die Daniel und ich das naechste Jahr ueber arbeiten. Wir waren ca. 15 Leute, die Meisten Praktikanten und Volontaere. In einer Praesentation konnten wir mehr ueber die Entstehungsgeschichte, die Ziele Maria Ayudas und wie sie verwirklicht werden, erfahren. Am Mittwoch haben wir dann den Grossteil der Projekte, insgesamt sind es momentan 19, die Maria Ayuda finanziell unterstuetzt und koordiniert, besucht; unter anderem auch das Projekt, in dem Daniel und ich arbeiten, welches sich in einem der beiden aermsten "Barrios" von Santiago befindet. War jedenfalls echt "súperinteresante" (wie die Chilenen sagen wuerden) zu sehen, was hinter den ganzen Projekten steckt:
Die Meisten Haeuser sind Zuflucht fuer Kinder, die aus schwierigen Verhaeltnissen (Kriminalitaet, Drogen, Gewalt und Misshandlung bis hin zur Prostitution) kommen. Hier finden sie die Zuneigung, die ihnen zusteht. Der Gruender von Maria Ayuda startete sein erstes Projekt im Jahr 1983, als er sah wie sich junge Maedchen auf der Strasse prostituieren mussten um sich ernaehren zu koennen. Er wollte ihnen eine sichere Zuflucht bieten, eine familiaere Umgebung, in der sie sich wohl und als Kind fuehlen konnten. Ein weiteres sehr interessantes Projekt ist "El hogar oncológico Felipe Rivera", in dem krebskranke Kinder (zusammen mit ihren Eltern) auf dieser schweren Station ihres Lebens begleitet werden. Die Kinder kommen meist aus armen Verhaeltnissen und die Eltern koennen deshalb die kostspielige Therapie nicht selbst finanzieren. Hier werden sie sowohl seelisch als auch materiell unterstuezt. Die Arbeit in diesem Projekt verlangt von den Tías und Tíos also viel Sensibilitaet und Kraft, weil sie sich auch jeden Tag mit dem Tod konfrontiert sehen. Das Wichtigste ist, den Kindern eine harmonische und froehliche Umgebung zu bieten.
An diesen beiden aufschlussreichen und zugleich anstrengenden Tagen (alles natuerlich auf Spanisch), bin ich also ziemlich gut ueber Maria Ayuda, die religioesen Zusammenhaenge und auch meine eigene Arbeitsstelle informiert worden. Das Ziel ist es den Kindern "das Kind sein" zu ermoeglichen und das geht am Besten in einer familiaeren Umgebung!

Traurig ist es deshalb zu erfahren, dass auch hier wie an allen Stellen, das Geld fehlt. Deswegen haben ich und Daniel die Absicht voraussichtlich im Winter einen Spendenaufruf nach Deutschland zu starten.
Heute mussten naemlich ca. 10 Kinder unser Projekt verlassen. Keinesfalls weil, sie nun gross genug sind oder ihre Schulzeit beendet haetten, sondern weil es an Geld fehlt. Gehn mussten die, die schon am laengsten im Projekt sind, darunter aber auch viele von den ganz Kleinen. Der Abschied war unendlich traurig, selbst fuer mich, wo ich nur eineinhalb Wochen da bin. Denn ich habe schon einige von diesen Kindern in den letzten Tagen kennen gelernt. Auf Seiten der Tías und Tíos, die diese Kinder eine lange Zeit ueber fast taeglich betreut haben, und auf Seiten der Eltern flossen einige Traenen. Zuerst gab es einen kleinen Gottesdienst, in dem jedes Kind nochmal vorgestellt und eine kleine Anekdote oder Aehnliches erzaehlt wurde. Danach erhielten alle als Erinnerung eine Kette mit einem gravierten Anhaenger. Verabschiedet wurden sie schliesslich im Projekt mit Essen, Trinken und einer kleinen Fotoshow. Am Ende blieb den Tíos und Tías jedoch nichts Anderes uebrig als den Kindern und den Eltern auf ihrem weiteren Weg, den sie nun wieder alleine beschreiten muessen, viel Glueck zu wuenschen und ihnen eine immer offenstehende Tuer anzubieten! Im Zuge der Rationalisierungsmassnahmen muss uns naechsten Monat auch eine der Sozialasisstentinnen verlassen. Ein weiterer trauriger Abschied. Obwohl ich erst eine Woche hier bin, ging mir das heute schon ziemlich nahe. Daran merkt man wie schnell man hier eigentlich integriert wird und wie schnell sich eine Bindung zu Menschen aufbaut, die man gerade erst kennengelernt hat. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Arbeit mit der Mannschaft, die immer fuer einen Spass zu haben ist. Besonders Tío Marcial, dessen ironische und alberne Art, meist selbst nicht mal seine chilenischen Arbeitskollegen verstehen. Aber die Arbeit wird auch teilweise ziemlich schwer und belastend werden, spaetestens wenn man mehr ueber die Schicksale und persoenlichen Hintergruende der Kinder erfaehrt, mit denen man jeden Tag spielt/arbeitet.

Noch eine kleine Anekdote: Am Mittwochabend haben Daniel und ich uns in der Backkunst versucht. Wir wollten etwas fuer Tía Sara zaubern, die am Folgenden Tag Geburtstag hatte und gleichzeitig mit Tío Marcial zusammen ein Diplom erhalten sollte. Spass hats gemacht, aber war auch echt ne Prozedur erstmal die ganzen Zutaten zu finden. Die Chilenen scheinen selbst nicht zu backen, was das ganze extrem erschwert hat, einschliesslich eine passende Backform zu finden. Nachdem wir nachts um 1 Uhr schliesslich fertig waren und unseren auseinander gefallenen Kuchen mit einer Zentimterdicken Schokoglasur gekittet hatten, waren wir eigentlich sehr unschluessig was das Ergebnis anging. Da wir ja keinen vergiften wollten, hatten wir am darauffolgenden Tag ziemlich Angst vor der Kostprobe. Wir waren alle zusammen irgendwo in einer der Malls etwas Trinken. Letztendlich war das Ergebnis aber doch besser als wir dachten. Die Begeisterung war eigentlich ziemlich gross und hoffentlich nicht gespielt. Daniel und ich haben zumindest beschlossen, noch den ein oder anderen Kuchen zu backen.

In meinem naechsten Eintrag werde ich vermutlich und auch hoffentlich ueber meinen Strandaufenthalt naechstes Wochenende berichten. Unsere Chefin, die ja gleichzeitig Daniels Gastmutter ist, hat uns, da ein verlaengertes Wochenende ansteht, eingeladen die Zeit mit ihrer Familie am Strand zu verbringen. Hoffe das klappt. Und auch wenn das Wetter nicht super sein sollte (Hier ist Winter zur Erinnerung), bin ich mal gespannt. In der Sprachschule hoere ich immer nur von den Anderen Geschichten ueber ihre Reisen in den Sueden oder in den Norden oder ihre Ausfluege in die Anden zum Skifahren am Wochenende.

Das Nachtleben scheint hier auch ganz interessant zu sein. Mir wurden schon unzaehlige Clubs empfohlen (meist in der Sprachschule). Vor allem mal in ne Salsathek zu gehen. In Chile ist es auch normal unter der Woche spontan was zu unternehmen und zu feiern und dabei auch mal ein bisschen laenger sitzen zu bleiben. Dann faengt man eben ein bisschen spaeter an zu arbeiten. Darunter leidet dann eben die Infrastruktur (siehe Busse etc.). Die chilenische Mentalitaet scheint insgesamt auch der Grund zu sein, warum hier alles ein bisschen laenger geht und ungeordneter ablaeuft. Aber eigentlich gefaellt mir dieser Kompromiss recht gut. Auf Partys scheint es auch normal zu sein, dass wenn man eingeladen wird man automatisch auch noch Freunde mitbringt. Vamos a ver!

Meine Gastmutter Susana is wirklich nett. Fuettert mich immer noch durch den Tag. Ausserdem kann man sich mit ihr wirklich gut unterhalten. Letzten Sonntag is sie den ganzen Nachmittag mit mir Bus und Metro gefahren um mir die Linien in der Naehe ihres Hauses zu zeigen. Waehrend Metro fahren kein Problem darstellt, ist der Busverkehr ziemlich unuebersichtlich (noch)! Samstag gabs bei ihrer Schwester und ihrem Mann Chinesisch, am Sonntag war Daniel zum Essen da und es gab Haifisch...
Praktisch is ausserdem, dass es neben meinem Haus direkt nen riesigen Supermarkt gibt...
usw.

Naja, ich glaub das war dann vorerst schon so ziemlich alles Berichtenswertes. Zum Schluss noch, was mir bis jetzt am Besten und am Wenigsten Gefaellt:

Geil ist es jeden Tag von fast jedem Ort in der Stadt die schneebedeckte Andenkette sehen zu koennen (wenn kein Smog). Toll ist natuerlich auch an einem Tag in den Anden Skifahren zu koennen und danach im Meer zu baden. Wo sonst gibts sowas!? Werds jedenfalls noch ausprobieren. Am Besten gefallen mir die Malls, nach wie vor zu Essen und zu Schlafen, meine Arbeitsstelle, die Sprache, der hier uebliche Reggaeton, die Leute und mit Daniel Plaene fuer das gemeinsam bevorstehende Jahr zu schmieden. Faszinierend ist ausserdem der Hueftschwung, den schon die Kleinsten beherrschen. Kann mich nich erinnern, dass ich in ner deutschen Disko jemals nen Besseren gesehn haette. Ihr muesst mal bei den Links auf Daniels Seite. Der hat Videos und Bilder!

Schlecht und traurig zugleich sind die an jeder Ecke rumstreunenden Hunde, der laestige und ueberaus chaotische Verkehr (alle zwei Sekunden hupt jemand), der Smog, der Muell auf den Strassen, die Fahrtzeiten und das man die ganze Zeit wie ein Paranoider damit rechnet, beklaut zu werden, weil man immer den Gedanken an die Kriminalitaet im Hinterkopf hat, der einem ueberall eingeimpft wird. (Als ich letztes mal in der Sprachschule erzaehlt habe, wo ich arbeite, sind ploetzlich alle zurueckgeschreckt!). Jedesmal wenn ich mit der Metro fahre und in "La Granja" aussteige, schauen mich die Leute auch ganz komisch an, nach dem Motto: was will denn der da? ...

Werd auf mich aufpassen! Adiós...

P.S.: Hab ne Fotogalerie bei googlemail eroeffnet! Der Link folgt...

Freitag, 1. August 2008

Erstes Lebenszeichen

Hi Leute,
auf diesen ersten Eintrag musstet ihr jetzt erstmal ne Weile warten. Die freie Zeit war hier in den ersten Tagen wirklich knapp bemessen und es war auch gar nicht so leicht hier mal nen PC fuer einige ruhige Minuten zu finden. Zudem war mein blog bis vor wenigen Tagen noch gar nicht eingerichtet.

Zuerst moechte ich euch nochmal allen danken fuer den "schoenen" Abschied, bin wirklich froh, dass ich euch alle hab und auch alle wieder sehen werd, wenn ich in nem Jahr zurueckkomme. Was, wie wir vor kurzem leider alle schmerzlich erfahren mussten, nicht selbstverstaendlich ist! Mir hat es jedenfalls sehr weh getan, dass ich am Donnerstag schon nicht mehr da sein konnte...

Naja, weiss gar nicht wo ich anfangen soll. Hier gibt es so viel Neues zu entdecken jeden Tag, ich koennte wahrscheinlich schon n Buch fuellen. Das ist jedoch nicht der Sinn der Sache. Will ich euch zwar schon n bisschen auf dem Laufenden halten, damit ihr nen ungefaehren Eindruck bekommt, was ich denn hier so treibe. Trotzdem werd ich hier keine endlosen Storys mit allen moeglichen Einzelheiten schildern. Damit wuerde ich euch erstens langweilen und zweitens auch gar nicht die Zeit dazu finden.

Deswegen bin ich froh euch zuersteinmal mitteilen zu koennen, dass ich gesund und munter hier in Santiago angekommen bin; auch wenn der Flug mit umsteigen und allem sicher an die 25 Stunden beansprucht hat. Am Flughafen wurde ich jedenfalls von Daniel, dem anderen Frewilligen, der schon eineinhalb Wochen vor mir angekommen ist, und Ronny, einem Mitarbeiter von Maria Ayuda, der Dachorganisation meiner Arbeitsstelle "Acógeme", abgeholt - wenn auch mit ein klein wenig Verspaetung.
Anschliessend sind wir schnurstracks zu Nelly Opazo gefahrn, meine neue Chefin fuer dieses Jahr, aber gleichzeitig auch Gastmutter von Daniel fuer die ersten ein, zwei Monate. Nachdem mich Daniel mit allerhand Wissenswertem gefuettert und wir zusammen ein bisschen die Stadt (La Moneda, Plaza de Armas) besichtigt haben, durfte ich am spaeten Abend meine Gastmutter kennenlernen. Hab hier mein eigenes Zimmer mit Bad und werd echt liebevoll umsorgt. Genauso Daniel von unserer "Chefin". Chilenische Mentalitaet eben.
Gestern war ich in der Sprachschule, die ich nun fuer die ersten vier Wochen hier in Santiago besuchen werde. Da sitz ich dann ab 10 Uhr morgens fuer drei Stunden mit vier anderen Spanischlernenden zusammen und werd von nem Lehrer mit Input versorgt. Es kommen ueble Erinnerungen an die gerade beendete Schulzeit hoch, da auch Hausaufgaben auf dem Plan stehn. Wobei das hier alles ziemlich locker genommen wird.
Bei McDoof kostet n Cheeseburger etwa 80 Cent. Ansonsten is eg auch alles verhaeltnismaessig billig im Gegensatz zu Deutschland. Metro fahrn is auch ziemlich cool. Einmal mit ner Karte zahlen, auf die man Geld draufladen lassen kann, und ab gehts quer durch die Stadt, wohin man will. Is dann aber auch leider das einzige effektive und auch sichere Verkehrsmittel und beansprucht trotzdem schon ne Menge Zeit.
Einen Abend waren wir auch schon in ner Bar was trinken mit den zukuenftigen Arbeitskollegen. War ganz lustig den groessten Teil der Truppe auf diese Art kennenzulernen, wie bei nem zurueckhaltenden beschnuppern am Arbeitsplatz, wobei ich mir das auch nicht haette vorstellen koennen. Preis fuer einen Cocktail: ca. 2€.
Heute war ich mit Tío Rodriguo, einem Mitarbeiter aus dem Projekt unterwegs um meinen Ausweis zu beantragen. Danach konnte ich das erstemal meine Arbeitsstelle besuchen, die ich bzw mich jetzt fuer ein Jahr nicht mehr loslassen wird. Haben erst einmal zusammen Mittag gegessen, bevor die Kinder aus der Schule kamen. Dann war malen angesagt und ein paar Hausbesuche zwischendurch. Der erste Eindruck war echt klasse. Die Kinder sind echt goldig und die Arbeitskollegen alle nett, auch wenn der ein oder andere meine noch geringen Spanischkenntnisse ausnutzt und mal einen Witz auf meine Kosten macht; ploetzlich lachen alle und man selbst versteht nur Bahnhof. Die Chilenen reden eben einfach dermassen schnell und verschlucken Unmengen von Buchstaben, da versteht man nich wirklich viel. Naja, wird schon klappen, wenn man sich mal daran gewoehnt hat.
Die Kinder sind groesstenteils ziemlich anhaenglich und haben auch keine Hemmungen auf einen zuzugehen. Werd jetzt fuer das naechste Jahr "El Tío Bruce" heissen. Im Projekt koennen die Kinder ihre Hausaufgaben machen, bekommen Essen und koennen mit den Tíos und Tías spielen und sonstige Sachen anstellen bis sie am Abend abgeholt werden. Die Kinder, die ins Haus kommen, haben alle Schulpflicht. Sie trudeln also meist gegen 16 Uhr ein. Am Freitag schon n bisschen frueher.
Ich wurde bis jetzt ueberall nur herzlich aufgenommen, sei es im Projekt von den Kindern und den Arbeitskollegen oder auch von irgendwelchen anderen Personen, wie zB meiner Gastmutter!
Das Wetter hier ist mir echt ein Dorn im Aug. Regnerisch und arschkalt. Nicht, dass man das nicht aus Deutschland gewohnt waere. Hier gibt es aber weder Heizungen noch einigermassen isolierte Haeuser. Das Einzigste sind diese kleinen, tragbaren Gasoefelchen.
Ein weiteres Manko ist eben die Groesse der Stadt und das Metro fahrn. Nimmt abartig viel Zeit in Anspruch. Ausserdem is es hier in einigen Stadtviertel, die man jetzt noch nicht kennt, halt echt nicht zu empfehlen alleine herumzulaufen, schon gar nicht bei Nacht. Als Beispiel waere San Gregorio zu nen, das Viertel in dem meine Arbeitsstelle liegt. Sind nur etwa 100 Meter von der Metrostation, aber nich ganz ungefaehrlich. Zu Telefonieren oder mit den Geldscheinen rumzuwedeln, waehrend man da laeuft, is nich ganz unproblematisch. Ein Ueberfall waere vorprogrammiert. Ohne Auto muss man sich deshalb immer genau ueberlegen, wie man wo hin kommt und wann. Is jetzt halt noch alles n bisschen kompliziert und ungewohnt bis man sich mal auskennt und ne gewisse Routine findet. Wie mit der Sprache eben auch.

So, ich koennt echt noch viel mehr erzaehlen. Uebers Essen, das ich mich, wenn auch mit gemischten Gefuehlen, auf die Arbeit in diesem Jahr sehr freue, was mir so fuer Gedanken durch den Kopf schiessen, welche Sorgen mich plagen, was es hier alles so Typisches gibt, welche Leute ich schon alles kennengelernt habe, meine Plaene fuer die naechsten Tage etc.

Aber ich will euch wie gesagt nich zu sehr mit langen Eintraegen quaelen. Dieser faellt jetzt ein wenig aus dem Schema, da es der Erste ist und es deshalb viele neue Eindruecke zu verarbeiten gilt. Die Folgenden werden wohl spaerlicher und auch selbst kuerzer ausfallen.

Mich wuerd viel mehr interssieren, was denn so bei euch los ist!? Wer will kann ja mailen oder Kommentare drunter setzen. Auf emails werd ich halt nich so ausfuehrlich anworten koennen.

Hab euch alle lieb und drueck euch ganz fest! Hasta pronto!