Freitag, 8. August 2008

Die erste Woche ist geschafft!

Hi alle zusammen,

is jetzt schon wieder ne ganze Woche her, da ich geschrieben hab. Wie ich den vielen Kommentaren entnehmen konnte, scheint ihr meinen ersten Eintrag ja mit regem Interesse gelesen zu haben. Naja, es is jedenfalls wieder einiges passiert. Bin fit, gut gelaunt und ziemlich motiviert. Man sagte mir, dass diese erste euphorische Phase, wie die Erfahrung zeigt, bei den Meisten zwischen dem ersten und dritten Monat endet. Dann faellt der Grossteil erstmal in ein Loch, weil man realisiert wie viel Zeit man hier eigentlich wirklich noch hinter sich bringen muss. Naja, wir werden sehen. Bis jetzt is noch alles im gruenen Bereich und alles noch sehr aufregend. Hab gerade auch noch so ne Art Urlaubsfeeling, auch wenn man sich hier ziemlich schnell eingewoehnt.

Bin abends als ziemlich erledigt. Morgens um 9 Uhr flitz ich aus dem Haus um zur Sprachschule zu gehen (was ja relativ spaet is) und danach geh ich als mit Daniel zur Arbeit. Aber bis jetzt war ich eigentlich noch keinen Tag vor 20 Uhr zu Hause. Wenn die Sprachschule rum is, fangen wir aber wahrscheinlich auch erst um die Mittagszeit an zu arbeiten, weil die ganzen Kinderchen erst nachmittags nach der Schule eintrudeln. Aber im Moment ist die Sprachschule ne wirklich coole Erfahrung. Man lernt viele neue interessante Leute kennen, die aus der ganzen Welt kommen um hier in Santiago die verschiedensten Sachen zu machen und die Sprache zu lernen. Mit meinem Spanisch gehts langsam, aber sicher, auch voran. Man gewoehnt sich allmaehlich an die Geschwindigkeit und lernt mit der Zeit die ganzen chilenischen Modismen kennen. Wird aber trotzdem noch ein hartes Stueck Arbeit werden.

Dienstag und Mittwoch hatten wir eine Einfuehrung von Maria Ayuda, die Organsiation fuer die Daniel und ich das naechste Jahr ueber arbeiten. Wir waren ca. 15 Leute, die Meisten Praktikanten und Volontaere. In einer Praesentation konnten wir mehr ueber die Entstehungsgeschichte, die Ziele Maria Ayudas und wie sie verwirklicht werden, erfahren. Am Mittwoch haben wir dann den Grossteil der Projekte, insgesamt sind es momentan 19, die Maria Ayuda finanziell unterstuetzt und koordiniert, besucht; unter anderem auch das Projekt, in dem Daniel und ich arbeiten, welches sich in einem der beiden aermsten "Barrios" von Santiago befindet. War jedenfalls echt "súperinteresante" (wie die Chilenen sagen wuerden) zu sehen, was hinter den ganzen Projekten steckt:
Die Meisten Haeuser sind Zuflucht fuer Kinder, die aus schwierigen Verhaeltnissen (Kriminalitaet, Drogen, Gewalt und Misshandlung bis hin zur Prostitution) kommen. Hier finden sie die Zuneigung, die ihnen zusteht. Der Gruender von Maria Ayuda startete sein erstes Projekt im Jahr 1983, als er sah wie sich junge Maedchen auf der Strasse prostituieren mussten um sich ernaehren zu koennen. Er wollte ihnen eine sichere Zuflucht bieten, eine familiaere Umgebung, in der sie sich wohl und als Kind fuehlen konnten. Ein weiteres sehr interessantes Projekt ist "El hogar oncológico Felipe Rivera", in dem krebskranke Kinder (zusammen mit ihren Eltern) auf dieser schweren Station ihres Lebens begleitet werden. Die Kinder kommen meist aus armen Verhaeltnissen und die Eltern koennen deshalb die kostspielige Therapie nicht selbst finanzieren. Hier werden sie sowohl seelisch als auch materiell unterstuezt. Die Arbeit in diesem Projekt verlangt von den Tías und Tíos also viel Sensibilitaet und Kraft, weil sie sich auch jeden Tag mit dem Tod konfrontiert sehen. Das Wichtigste ist, den Kindern eine harmonische und froehliche Umgebung zu bieten.
An diesen beiden aufschlussreichen und zugleich anstrengenden Tagen (alles natuerlich auf Spanisch), bin ich also ziemlich gut ueber Maria Ayuda, die religioesen Zusammenhaenge und auch meine eigene Arbeitsstelle informiert worden. Das Ziel ist es den Kindern "das Kind sein" zu ermoeglichen und das geht am Besten in einer familiaeren Umgebung!

Traurig ist es deshalb zu erfahren, dass auch hier wie an allen Stellen, das Geld fehlt. Deswegen haben ich und Daniel die Absicht voraussichtlich im Winter einen Spendenaufruf nach Deutschland zu starten.
Heute mussten naemlich ca. 10 Kinder unser Projekt verlassen. Keinesfalls weil, sie nun gross genug sind oder ihre Schulzeit beendet haetten, sondern weil es an Geld fehlt. Gehn mussten die, die schon am laengsten im Projekt sind, darunter aber auch viele von den ganz Kleinen. Der Abschied war unendlich traurig, selbst fuer mich, wo ich nur eineinhalb Wochen da bin. Denn ich habe schon einige von diesen Kindern in den letzten Tagen kennen gelernt. Auf Seiten der Tías und Tíos, die diese Kinder eine lange Zeit ueber fast taeglich betreut haben, und auf Seiten der Eltern flossen einige Traenen. Zuerst gab es einen kleinen Gottesdienst, in dem jedes Kind nochmal vorgestellt und eine kleine Anekdote oder Aehnliches erzaehlt wurde. Danach erhielten alle als Erinnerung eine Kette mit einem gravierten Anhaenger. Verabschiedet wurden sie schliesslich im Projekt mit Essen, Trinken und einer kleinen Fotoshow. Am Ende blieb den Tíos und Tías jedoch nichts Anderes uebrig als den Kindern und den Eltern auf ihrem weiteren Weg, den sie nun wieder alleine beschreiten muessen, viel Glueck zu wuenschen und ihnen eine immer offenstehende Tuer anzubieten! Im Zuge der Rationalisierungsmassnahmen muss uns naechsten Monat auch eine der Sozialasisstentinnen verlassen. Ein weiterer trauriger Abschied. Obwohl ich erst eine Woche hier bin, ging mir das heute schon ziemlich nahe. Daran merkt man wie schnell man hier eigentlich integriert wird und wie schnell sich eine Bindung zu Menschen aufbaut, die man gerade erst kennengelernt hat. Ich freue mich auf jeden Fall auf die Arbeit mit der Mannschaft, die immer fuer einen Spass zu haben ist. Besonders Tío Marcial, dessen ironische und alberne Art, meist selbst nicht mal seine chilenischen Arbeitskollegen verstehen. Aber die Arbeit wird auch teilweise ziemlich schwer und belastend werden, spaetestens wenn man mehr ueber die Schicksale und persoenlichen Hintergruende der Kinder erfaehrt, mit denen man jeden Tag spielt/arbeitet.

Noch eine kleine Anekdote: Am Mittwochabend haben Daniel und ich uns in der Backkunst versucht. Wir wollten etwas fuer Tía Sara zaubern, die am Folgenden Tag Geburtstag hatte und gleichzeitig mit Tío Marcial zusammen ein Diplom erhalten sollte. Spass hats gemacht, aber war auch echt ne Prozedur erstmal die ganzen Zutaten zu finden. Die Chilenen scheinen selbst nicht zu backen, was das ganze extrem erschwert hat, einschliesslich eine passende Backform zu finden. Nachdem wir nachts um 1 Uhr schliesslich fertig waren und unseren auseinander gefallenen Kuchen mit einer Zentimterdicken Schokoglasur gekittet hatten, waren wir eigentlich sehr unschluessig was das Ergebnis anging. Da wir ja keinen vergiften wollten, hatten wir am darauffolgenden Tag ziemlich Angst vor der Kostprobe. Wir waren alle zusammen irgendwo in einer der Malls etwas Trinken. Letztendlich war das Ergebnis aber doch besser als wir dachten. Die Begeisterung war eigentlich ziemlich gross und hoffentlich nicht gespielt. Daniel und ich haben zumindest beschlossen, noch den ein oder anderen Kuchen zu backen.

In meinem naechsten Eintrag werde ich vermutlich und auch hoffentlich ueber meinen Strandaufenthalt naechstes Wochenende berichten. Unsere Chefin, die ja gleichzeitig Daniels Gastmutter ist, hat uns, da ein verlaengertes Wochenende ansteht, eingeladen die Zeit mit ihrer Familie am Strand zu verbringen. Hoffe das klappt. Und auch wenn das Wetter nicht super sein sollte (Hier ist Winter zur Erinnerung), bin ich mal gespannt. In der Sprachschule hoere ich immer nur von den Anderen Geschichten ueber ihre Reisen in den Sueden oder in den Norden oder ihre Ausfluege in die Anden zum Skifahren am Wochenende.

Das Nachtleben scheint hier auch ganz interessant zu sein. Mir wurden schon unzaehlige Clubs empfohlen (meist in der Sprachschule). Vor allem mal in ne Salsathek zu gehen. In Chile ist es auch normal unter der Woche spontan was zu unternehmen und zu feiern und dabei auch mal ein bisschen laenger sitzen zu bleiben. Dann faengt man eben ein bisschen spaeter an zu arbeiten. Darunter leidet dann eben die Infrastruktur (siehe Busse etc.). Die chilenische Mentalitaet scheint insgesamt auch der Grund zu sein, warum hier alles ein bisschen laenger geht und ungeordneter ablaeuft. Aber eigentlich gefaellt mir dieser Kompromiss recht gut. Auf Partys scheint es auch normal zu sein, dass wenn man eingeladen wird man automatisch auch noch Freunde mitbringt. Vamos a ver!

Meine Gastmutter Susana is wirklich nett. Fuettert mich immer noch durch den Tag. Ausserdem kann man sich mit ihr wirklich gut unterhalten. Letzten Sonntag is sie den ganzen Nachmittag mit mir Bus und Metro gefahren um mir die Linien in der Naehe ihres Hauses zu zeigen. Waehrend Metro fahren kein Problem darstellt, ist der Busverkehr ziemlich unuebersichtlich (noch)! Samstag gabs bei ihrer Schwester und ihrem Mann Chinesisch, am Sonntag war Daniel zum Essen da und es gab Haifisch...
Praktisch is ausserdem, dass es neben meinem Haus direkt nen riesigen Supermarkt gibt...
usw.

Naja, ich glaub das war dann vorerst schon so ziemlich alles Berichtenswertes. Zum Schluss noch, was mir bis jetzt am Besten und am Wenigsten Gefaellt:

Geil ist es jeden Tag von fast jedem Ort in der Stadt die schneebedeckte Andenkette sehen zu koennen (wenn kein Smog). Toll ist natuerlich auch an einem Tag in den Anden Skifahren zu koennen und danach im Meer zu baden. Wo sonst gibts sowas!? Werds jedenfalls noch ausprobieren. Am Besten gefallen mir die Malls, nach wie vor zu Essen und zu Schlafen, meine Arbeitsstelle, die Sprache, der hier uebliche Reggaeton, die Leute und mit Daniel Plaene fuer das gemeinsam bevorstehende Jahr zu schmieden. Faszinierend ist ausserdem der Hueftschwung, den schon die Kleinsten beherrschen. Kann mich nich erinnern, dass ich in ner deutschen Disko jemals nen Besseren gesehn haette. Ihr muesst mal bei den Links auf Daniels Seite. Der hat Videos und Bilder!

Schlecht und traurig zugleich sind die an jeder Ecke rumstreunenden Hunde, der laestige und ueberaus chaotische Verkehr (alle zwei Sekunden hupt jemand), der Smog, der Muell auf den Strassen, die Fahrtzeiten und das man die ganze Zeit wie ein Paranoider damit rechnet, beklaut zu werden, weil man immer den Gedanken an die Kriminalitaet im Hinterkopf hat, der einem ueberall eingeimpft wird. (Als ich letztes mal in der Sprachschule erzaehlt habe, wo ich arbeite, sind ploetzlich alle zurueckgeschreckt!). Jedesmal wenn ich mit der Metro fahre und in "La Granja" aussteige, schauen mich die Leute auch ganz komisch an, nach dem Motto: was will denn der da? ...

Werd auf mich aufpassen! Adiós...

P.S.: Hab ne Fotogalerie bei googlemail eroeffnet! Der Link folgt...

4 Kommentare:

Melanie hat gesagt…

hey, also deine Einträge sind echt interessant, freut mich wenn du schreibst. Du und Kuchen backen?? Das musst du mir mal zeigen wenn du wieder da bist. Ach und übrigens kannst du doch nicht sagen das die deutschen keinen Hüftschung drauf haben, du hast meinen noch nicht gesehen :-) Am Montag geh ich ne Woche nach Italien, hab ich ganz spontag gebucht. Also machs gut und pass auf dich auf. vermiss dich

Lenchen hat gesagt…

hola guapo,

hört sich ja echt gut an, was du da drüben so machst. sorry, wollte mich eigentlich schon etwas früher melden, aber war jetzt 2 wochen in frankreich und spanien, hatte meine aupairfamilie besucht.
hab öfters an dich gedacht, wies dir denn so geht. gerade am seenachtsfest und die tage, die erinnerungen an alte zeiten eben.
hoffe, dass es dir immer noch gefällt und spass macht und wünsche dir weiterhin viel spass, erfolg und schöne erlebnisse!
geniess die zeit und pass auf dich auf!
ich meld mich mal wieder ;-)
Hasta luego y ten cuidado!
Besito,
la lena con el pelo dorado ;-)

darius hat gesagt…

hi bruce,
sorry dass ich mich jetzt erst melde. Aber habe leider viel zu tun gehabt in letzter zeit. Aufjedenfall freut es mich zu hören das es dir da drüben gut geht. Laut deinen einträgen hört es sich verdammt interessant an, was du da alles erlebst. Jetzt weißt du auch mal entlich wie es ist ein ausengeländer zu sein! =) naja ich wünsch dir viel spaß, wir hören uns. P.S. ...soll ich dir ne knarre für da unten besorgen? ;) Spaß

Isi hat gesagt…

hey du!
total geile bilder, der kuchen sieht toll aus,aber halt nix gegen deine schinke-käse muffins , oder lachs meerettich schnittchen, etc pp =)
in mitch hab ich mich auch schon verliebt, wohnt der bei dir? ganz liebe grüße aus dem langweiligen lahr y espero que tienes cuidado!besos y abrazos